Intraoperative Pedographie

Konsekutive, prospektive, randomisierte, kontrollierte Nachuntersuchungsstudie [15]

Ziel dieser Studie war die Analyse des potentiellen klinischen Nutzens der intraoperativen Pedographie durch Vergleich mit Fällen ohne intraoperative Pedographie mit suffizienter Fallzahl.

Methodik

Patienten mit einem Alter von mindestens 18 Jahren, bei denen eine Arthrodese oder Korrekturarthrodese am oberen Sprunggelenk (OSG) und/oder Fuß wurden ab dem 01.09.2006 eingeschlossen. Die Patienten wurden zwei Gruppen zugelost: a) Operation mit Einsatz der intraoperativen Pedographie, und b) Operation ohne Einsatz der intraoperativen Pedographie. In Gruppe a) wurden der betroffene und der nicht betroffenen Fuß im Einleitungsraum in Narkose gemessen. Die betroffene/operierte Seite wurde dann intraoperativ nach der definitiven internen Fixierung gemessen. Zuvor kamen optional sämtliche bisher beschriebene Maßnahmen wie Navigation (s. Kapitel 3) und intraoperative 3D-Röntgenbildgebung (s. Kapitel 3) zum Einsatz. Es erfolgten jeweils 3 Messungen. Die Konsequenzen der intraoperative Pedographie wurden registriert. Folgende Scores wurden präoperativ erhoben: American Orthopaedic Foot and Ankle Society (AOFAS), Visual Analogue Scale Foot and Ankle (VAS FA), Short Form 36 (SF36, auf 100 Punkte-Maximum standardisiert) [8,10,16]. Die registrierten Parameter wurden zwischen den beiden Gruppen verglichen (t-, Chi2-Test).

Die Studie wurde von der Ethikkommision der Medizinischen Hochschule Hannover genehmigt.

Ergebnisse

Bis 11.04.2008 wurden 100 Patienten eingeschlossen (Alter 33±8 Jahre; männlich, n=43). Folgende Arthrodesen wurden durchgeführt: Korrekturarthrodesen OSG, n=12; Subtalargelenk, n=14; Mittelfuß, n=26; Vorfuß, n=33; Arthrodese ohne Korrektur Mittelfuß, n=15. Die präoperativen Scores waren AOFAS, 49,1±24,6; VAS FA, 45,3±21,2; SF36, 43,1±31.2, 52 Patienten wurden in die intraoperative Pedographie Gruppe randomisiert und 48 Patienten in die Gruppe ohne intraoperative Pedographie. Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht bezgl. der demographischen Faktoren oder der präoperativen Scores (t-, Chi2-Test>0,05). Die intraoperative Pedographie dauerte 321±39 Sekunden. Durch die intraoperative Pedographie verursachte Komplikationen wurden nicht beobachtet. In 24 der 52 Fälle (46%) nach intraoperativer Pedographie erfolgte eine Änderung der Korrektur bzw. der Knochenstellung. Diese intraoperativen Konsequenzen waren am häufigsten bei der Korrekturarthrodese des Mittelfußes (64%) und am seltensten bei der Korrekturarthrodese des Subtalargelenks (25%).

Alle Patienten wurden nach durchschnittlich 12 (6-24) Monaten nachuntersucht. Die Scores zu Zeitpunkt der Nachuntersuchung betrugen AOFAS, 92,5±19,7; VAS FA, 90,2±13,4; SF36, 94,3±18,8. Die Scores der intraoperative Pedographie Gruppe waren signifikant besser als die Scores der Gruppe ohne intraoperative Pedographie (t-Test <0,05 für alle Scores). Dabei lagen insbesondere nur die Scores der Gruppe ohne intraoperative Pedographie unter 70 Punkte lagen (Abbildung 11).

Diskussion

In 46% der Fälle erfolgten nach der intraoperativen Pedographie Änderungen der Korrektur bzw. der Knochenstellung. Keine negativen Folgen der intraoperative Pedographie wurden beobachtet und der Zeitaufwand der Messungen war gering. Die durch die intraoperative Pedographie Messung potentiell optimierte Korrekturstellung führte zu einem besseren klinischen Ergebnis im Vergleich zu den Fällen ohne intraoperative Pedographie.

Fall aus der prospektiven randomisierten Studie. In diesem Fall bestand eine Arthrose am Lisfrancgelenk ohne relevante Deformität. Ziel der Operation war eine Arthrodese der medialen Säule des Lisfrancgelenks, des Innominatum (Gelenk zwischen Navikulare und Cuneiforme I-III bzw. Bonna-Jäger-Gelenk) und der intercuneiformen Gelenke mit Erhalt der präoperativ normalen Kraftverteilung. Abbildung 9a und Abbildung 9b zeigt präoperative Röntgenaufnahmen mit Belastung. Abbildung 9c zeigt die erste interne Fixierung der Arthrodese. Abbildung 9d zeigt links die zu diesem Zeitpunkt vorliegende Kraftverteilung mit z.B. pathologischer Verminderung des Kraftanteils unter dem Metatarsale-1-Köpfchen (Zone M3). Nach Korrektur der Stellung des ersten Strahls und erneuter interner Fixierung zeigt sich auf Abbildung 9d rechts eine wesentlich harmonischere Kraftverteilung mit Erhöhung des Kraftanteils unter den Metatarsale-1-Köpfchen. Abbildung 9e und Abbildung 9f zeigen unmittelbar postoperative Röntgenbilder mit der endgültigen Stellung und Fixation. Abbildung 9d zeigt auch die untersucherunabhängige computerisierte Einteilung des Kraftmusters in 10 Felder, die einen standardisierten Vergleich der Kraftverteilung erlaubt (M1: Rückfuß; M2: Mittelfuß; M3: Metatarsale 1; M4: Metatarsale 2; M5: Metatarsale 3; M6: Metatarsale 4; M7: Metatarsale 5; M8:Großzehe; M9: zweite Zehe; M10: 3.-5. Zehe) (s. auch Abbildung 8).

Fall aus der prospektiven randomisierten Studie. In diesem Fall bestand eine Arthrose am Lisfrancgelenk mit relevanter Deformität Plattfuß). Ziel der Operation war eine Korrekturarthrodese der medialen Säule des Lisfrancgelenks, des Innominatum (Gelenk zwischen Navikulare und Cuneiforme I-III bzw. Bonna-Jäger-Gelenk) und der intercuneiformen Gelenke mit Erreichen einer normalen Kraftverteilung. Abbildung 10a und Abbildung 10b zeigt präoperative Röntgenaufnahmen mit Belastung. Abbildung 10c und Abbildung 10d zeigt die erste interne Fixierung der Arthrodese. Abbildung 10e zeigt links die zu diesem Zeitpunkt vorliegende Kraftverteilung mit z.B. pathologischer Verminderung des Kraftanteils unter dem Metatarsale-1-Köpfchen (Zone M3). Nach Korrektur der Stellung des ersten Strahls und erneuter interner Fixierung zeigt sich auf Abbildung 10e rechts eine wesentlich harmonischere Kraftverteilung mit Erhöhung des Kraftanteils unter den Metatarsale-1-Köpfchen. Abbildung 10d zeigt auch die untersucherunabhängige computerisierte Einteilung des Kraftmusters in 10 Felder, die einen standardisierten Vergleich der Kraftverteilung erlaubt (M1: Rückfuß; M2: Mittelfuß; M3: Metatarsale 1; M4: Metatarsale 2; M5: Metatarsale 3; M6: Metatarsale 4; M7: Metatarsale 5; M8:Großzehe; M9: zweite Zehe; M10: 3.-5. Zehe) (s. auch Abbildung 8).

Scores der Visual Analog Skala Fuß und Sprunggelenk (VAS FA) und des auf 100 Punkte standardisierten SF36 zur Nachuntersuchung der konsekutiven, prospektiven, randomisierten, kontrollierten Nachuntersuchungs-Studie, die nur in der Gruppe ohne intraoperative Pedographie unter 70 Punkte lagen.

Fall außerhalb der prospektiven randomisierten Studie. In deutlicher Deformität verheilte auswärtige minimalinvasive Korrektur eines Hallux valgus. Abbildung 12a zeigt eine dorsoplantare beidseitige Röntgenaufnahme mit Belastung, die eine deutliche Verkürzung des Metatarsale 1 zeigt. Abbildung 12b zeigt eine beidseitige Metatarsaleköpfchen-Belastungsaufnahme, die eine deutliche Elevation und Pronation (s. Abbildung rechts) im Vergleich zur Gegenseite (s. Abbildung links) zeigt. Abbildung 12c zeigt das Maximaldruckbild der präoperativen dynamischen Standardpedographie mit deutlicher Verringerung des Kraftanteils plantar des Metatarsale-1-Köpfchens (s. Abbildung links) im Vergleich zur Gegenseite (s. Abbildung rechts). Abbildung 12d zeigt Spitzendrücke der präoperativen dynamischen Standardpedographie mit deutlicher Verringerung des Spitzendrucks absolut und relative plantar des Metatarsale-1-Köpfchens (s. Abbildung links) absolut und relativ im Vergleich zur Gegenseite (s. Abbildung rechts). Es folgte eine Verlängerung, Plantarisierung und Supination des Metatarsale-1-Köpfchens, Einsetzen eine trikortikalen autogenen Beckenkammspans und autologer Spongiosa und Fixierung mittels winkelstabiler polyaxialer Platte (R-Lock klein, Intercus, Rudolstadt) und transfixieremden K-Draht. Abbildung 12e (dorsoplantar) und Abbildung 12f (seitlich) zeigen die intraoperativen Röntgenbildverstärkerbilder und Abbildung 12g (sagittal) und Abbildung 12h (axial) die intraoperative 3D-Bilder. Abbildung 12i zeigt die Maximalkraftbilder der intraoperativen Pedographie mit massiv vermindertem Kraftanteil plantar des Metatarsale-1-Köpfchens vor der Korrektur (s. Abbildung links) und normalisierten Kraftanteil plantar des Metatarsale-1-Köpfchens nach der Korrektur (s. Abbildung Mitte) im Vergleich zum Kraftanteil plantar des Metatarsale-1-Köpfchens der Gegenseite (s. Abbildung rechts).

Fall außerhalb der prospektiven randomisierten Studie. Homolaterale laterale Lisfranc-Luxationsfraktur (Abbildung 13a). Abbildung 13b zeigt das seitliche Röntgenverstärkerbild nach offener Reposition und interner Fixation und Abbildung 13c die axiale Reformation der intraoperativen 3D-Röntgenbildgebung mit deutlich tiefer stehendem Metatarsale-3-Köpfchen. Abbildung 13d zeigt das Maximalkraftbild der intraoperativen Pedographie mit massiv vermindertem Kraftanteil plantar des Metatarsale-4- und 5-Köpfchens d.h. lateral des Metatarsale-3-Köpfchens. Abbildung 13e zeigt das seitliche Röntgenverstärkerbild nach erneuter offener Reposition und interner Fixation des Metatatarsale 3 und des Tarsometatarsal-3-Gelenks und Abbildung 13f die axiale Reformation der intraoperativen 3D-Röntgenbildgebung mit anatomisch stehendem Metatarsale-3-Köpfchen. Abbildung 13g zeigt das Maximalkraftbild der intraoperativen Pedographie normalisierter Kraftverteilung im Vergleich zur Gegenseite (Abbildung 13h).

Fall außerhalb der prospektiven randomisierten Studie. Vorfußdeformität mit Hallux valgus beidseits. Abbildung 12a zeigt eine dorsoplantare beidseitige Röntgenaufnahme mit Belastung, die eine deutliche Dezentrierung der Metatarsale-1-Köpfchen von den Sesambeinen und eine deutliche relative Überlänge der Metatarsale 2. zeigt. Abbildung 12b zeigt eine beidseitige Metatarsaleköpfchen-Belastungsaufnahme die eine deutliche Pronation und Dezentrierung der Metatarsale-1-Köpfchen von den Sesambeinen und ein deutliches Tiefertreten der Metatarsale-2-Köpfchen rechts (s. Abbildung links) mehr als links (s. Abbildung rechts). Abbildung 12c zeigt das Maximaldruckbild der präoperativen dynamischen Standardpedographie mit deutlicher Verringerung des Kraftanteils plantar des Metatarsale-1-Köpfchens rechts im Vergleich zur Gegenseite (s. unterer Pfeil) und eine deutliche Erhöhung des Kraftanteils plantar der Metatarsale-2-Köpfchen beidseits (s. oberer Pfeil). Abbildung 12d zeigt Spitzendrücke der präoperativen dynamischen Standardpedographie mit deutlicher Verringerung des Spitzendrucks plantar des Metatarsale-1-Köpfchens rechts im Vergleich zur Gegenseite (s. unterer Pfeil) und eine deutliche Erhöhung des Spitzendrucks plantar der Metatarsale-2-Köpfchen beidseits (s. oberer Pfeil). Es erfolgte eine distale Korrekturosteotomie des Metatarsale 1 modifiziert nach Chevron und eine Weichteilkorrektur modifiziert nach McBride (Abbildung 12e). Es erfolgte dann wegen einer unbefriedigenden Kraftverteilung mit vermindertem Kraftanteil plantar des Metatarsale-1-Köpfchens und erhöhtem Kraftanteil plantar des Metatarsale-2-Köpfchens (s. Abbildung 14h zweites Bild von links nach Korrektur genauso wie Bild ganz links vor der Korrektur) eine modifizierte Weil-Osteotomie des Metatarsale 2. Diese wurde dann wegen einer immer noch unbefriedigenden Kraftverteilung (Abbildung 14h zweites Bild von rechts) mit immer noch vermindertem Kraftanteil plantar des Metatarsale-1-Köpfchens und erhöhtem Kraftanteil plantar des Metatarsale-2-Köpfchens nochmals modifiziert mit Osteotomie einer Knochenscheibe mit konsekutiver Dorsalisierung des Metatarsale-2-Köpfchens. Danach optimale Stellung (Abbildung 14f und Abbildung 14g) und Kraftverteilung (Abbildung 14h rechts).